Bedürfen Ladesäulen für Elektrofahrzeuge auf öffentlichen Verkehrsflächen einer Baugenehmigung?

§ Kommentar


Bedürfen Ladesäulen für Elektrofahrzeuge auf öffentlichen Verkehrsflächen einer Baugenehmigung?

Zu VGH Bayern, Beschluss vom 13.07.2018 – 8 CE 18.1071 -.

18. Juli 2018

 

Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass Ladesäulen für Elektrofahrzeuge auf öffentlich gewidmeten Straßenflächen durch Gemeinden als Straßenbaulastträger grundsätzlich ohne Baugenehmigung aufgestellt werden dürfen.

Nach dem Leitsatz zum Beschluss des Gerichts stellen Ladesäulen zum Aufladen von Elektromobilen auf öffentlichem Straßengrund regelmäßig Verkehrsanlagen dar, die der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienen, und sind damit Zubehör im Sinne des Art. 2 Nr. 3 BayStrWG. Im vorliegenden Fall wendete sich der Antragsteller gegen die Errichtung von E-Ladesäulen in der Landeshauptstadt München durch eben diese. Er beantragte, der Antragsgegnerin zu untersagen, die auf zwei Ladestationen verteilten vier Ladepunkte sowie die zugeordneten Parkplätze, zu errichten. Durch die Ladepunkte der Ladesäule würden allgemeine Parkflächen vor seinem Wohnhaus nicht mehr länger zur Verfügung stehen, da sie nur noch zum Aufladen von Elektrofahrzeugen genutzt werden können. Bereits in der ersten Instanz hatte das VG München seinen Eilantrag auf Erlass eines Baustopps abgelehnt.

Im Anschluss hat nun der BayVGH die Beschwerde gegen die Entscheidung des VG zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Maßnahme allein nach dem Straßenrecht und nicht nach dem Baurecht zu beurteilen sei. E-Ladesäulen sind Verkehrsanlagen, die Straßenbestandteile darstellen, da sie relativ leicht errichtet werden könnten und der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienen. Zu den Straßen gehört gemäß Art. 2 BayStrWG neben dem Straßenkörper, dem Luftraum über dem Straßenkörper und den Nebenanlagen das Zubehör. Der Zubehörbegriff sei weit auszulegen und nicht abschließend; es zählen die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und die Verkehrsanlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung dazu. Der ungehinderte Verkehrsfluss mit Elektromobilen setzt eine ausreichende innerstädtische Ladeinfrastruktur voraus. Dadurch werden auch Beeinträchtigungen des übrigen Verkehrs verhindert.

Dem Einwand des Klägers, dass Ladestationen mit normalen Tankstellen vergleichbar seien und nicht als Verkehrsanlagen angesehen werden könnten, ist das Gericht nicht gefolgt. Denn diese bedürfen zur Ermöglichung eines relativ kurzen Betankungsvorgangs eines erheblichen Umfangs an baulicher und technischer Infrastruktur. Sie werden auch nicht auf öffentlichen Verkehrsflächen errichtet. Sie bestehen aus verschiedenen technischen Einrichtungen, die zur Betankung nötig sind, und stehen zumeist in Verbindung mit Gebäuden oder Gebäudeteilen. Somit können sie schon wegen ihres Umfangs und der massiven baulichen Eingriffe keine Verkehrsanlagen im Sinne von Art. 2 Nr. 3 BayStrWG sein. E-Ladestationen können in der Größenordnung herkömmlicher Parkscheinautomaten somit nicht mit „klassischen“ Tankstellen gleichgesetzt werden, deren Errichtung nach Baurecht einer Genehmigung bedarf. Von mutmaßlichen Lärmimmissionen durch die Ladestationen ist schon das VG in der Vorinstanz nicht ausgegangen. Zudem handelt es sich im vorliegenden Fall bisher bereits schon um Parkplätze, die ebenfalls mit Lärmimmissionen verbunden sind.

Die Unterlassung der gegenständlichen Maßnahme kann nicht allein deshalb verlangt werden, weil die erforderliche Genehmigung fehlte. Vielmehr muss der Antragsteller eine Rechtsverletzung glaubhaft machen. Der Antragsteller hat jedoch nicht aufgezeigt, in welchen Rechten er durch die Errichtung der E-Ladesäulen bzw. die Umwandlung der Parkplätze verletzt sein soll. Der Beschluss ist unanfechtbar, es bestehen somit keine Rechtsmittel.

Es ist davon auszugehen, dass dieser Beschluss nicht nur die aufgeworfene Frage im Einzelfall geklärt hat, sondern die hiermit geklärte Rechtssache auch andernorts zu einer zügigeren Umsetzung von E-Ladestationen auf öffentlichen Verkehrsflächen führt. Dies dürfte häufig auch im Sinne der Umsetzung verkehrspolitischer Ziele sein. Anwohner hingegen haben solche Ladestationen häufig hinzunehmen, sofern sie keine Rechte aufzeigen können, in welchen sie durch deren Errichtung verletzt werden. Denkbar wäre eine Rechtsverletzung beispielsweise bei einer infolge der Errichtung von Ladestationen nunmehr unmöglichen Zufahrt zum Grundstück.


Entscheidung:

Zu VGH Bayern, Beschluss vom 13.07.2018 – 8 CE 18.1071 -, online verfügbar: http://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/18a01071b.pdf, zuletzt abgerufen am 18.07.2018.