Gesetz zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung

§ Kommentar


Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung

Zu dem Entwurf der Änderungen des BauGB und der BauNVO vom September 2024

5. September 2024

Am 30.07.2024 hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen den Referentenentwurf für die „große“ BauGB-Novelle in die Anhörung von Ländern und Verbänden gegeben. Das Bundeskabinett hat nun am 04.09.2024 den „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung“ beschlossen. Mit der Änderung des Baugesetzbuchs und der Baunutzungsverordnung soll auf den bestehenden Wohnraumbedarf und auch auf die Folgen des Klimawandels reagiert werden.

Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Paragraphen 1 bis 2 BauGB neu strukturiert werden. Dass hierdurch allein und in der vorliegenden Form ein Beschleunigungseffekt für die Bauleitplanung eintreten wird, kann nicht erwartet werden. Das in § 1c BauGB aufgeführte Abwägungsmaterial ist (weiterhin) umfassend. Ebenso ist zu hinterfragen, ob die Klarstellung, dass ein Umweltbericht „das fachlich Notwendige nicht überschreiten“ soll, nun dazu führt, dass dieser wesentlich knapper ausfallen kann. Die Überarbeitung der Regelungen zur Umweltprüfung und zum Umweltbericht in Anlage 1 sind zu begrüßen, da nunmehr nach allgemeinen und vorhabenbezogenen Bestandteilen jedes Umweltberichts unterschieden wird. Auch die in § 4b BauGB neu vorgesehene Fristenregelung kann bewirken, dass Bekanntmachungen des Bebauungsplans und damit auch seine Rechtskraft hinausgezögert werden. Insofern können die vorgenannten Änderungen in ihrem Zusammenwirken dazu beitragen, das Bauleitplanverfahren zu verschlanken und zu beschleunigen.

Differenziert sind die Änderungen in § 9 BauGB zu bewerten. So ist die im Referentenentwurf noch vorgesehene Erweiterung der Festsetzungsmöglichkeiten um eine Mindestzahl an Wohnungen in einem Gebäude im vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf nicht mehr enthalten, obwohl hiermit eine angemessene Verdichtung in Baugebieten hätte erreicht werden können. Dass die Regelungen zum sektoralen Bebauungsplan aus § 9 (2d) alt nun Bestandteil des Festsetzungskatalog sein sollen, ist hingegen zu begrüßen, denn dies ermöglicht entsprechende Vorgaben zum geförderten Wohnungsbau nun auch im Regelverfahren. In § 9 (1) Nr. 23 BauGB neu soll u. a. vorgegeben werden, dass festgesetzt werden kann, dass bestimmte Werte zum Schutz vor Geräuschimmissionen oder bestimmte Geräuschemissionskontingente nicht überschritten werden dürfen. Damit kann eine Lärmkontingentierung auch wieder in Gewerbe- und Industriegebieten festgesetzt werden, ohne dass hierfür zwangsweise auch Teile solcher Gebiete als unbeschränkte Gebiete ausgewiesen werden müssen.

Ebenso differenziert ist die Einführung eines neuen Bebauungsplans in § 9a Abs. 1 BauGB neu zu sehen, der für im Zusammenhang bebaute Ortsteile, in denen sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein nach § 34 Absatz 1 richtet, festsetzen kann, dass einzelne Arten der bisher zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Hiermit können aufgrund des vereinfachten Verfahrens verhältnismäßig schnell die zulässigen Nutzungen geregelt werden. In Gemengelagen können durch Positiv- und Negativfestsetzungen hinsichtlich der zulässigen Anlagen möglicherweise schrittweise Verhältnisse geschaffen werden, die unerwünschte Nutzungen ausschließen und damit die Zuordnung zu einem Baugebietstyp der BauNVO zulassen. Das in § 34 – Gebieten bestehende Problem, dass neue Vorhaben nicht in Bezug auf ihre nachhaltige städtebauliche Entwicklung gesteuert werden können, bleibt im Wesentlichen aber bestehen.

In der Baunutzungsverordnung soll in §§ 16 Abs. 2 Nr. 2 und 19a eingeführt werden, dass das Maß der baulichen Nutzung zukünftig mittels eines „Versiegelungsfaktors“ gesteuert werden kann. Die Regelung lässt im Gegensatz zur Grundflächenzahl einen gezielteren Umgang mit dem anfallenden Niederschlagswasser zu. Nunmehr kann berücksichtigt werden, dass es verschiedene Versiegelungsgrade für die jeweiligen Materialien bzw. Befestigungsarten gibt. Außerdem kann die Retentionsfunktion von Gründächern berücksichtigt werden, für die ein Faktor von 0,6 vorgegeben werden soll, sodass sie sich von vollversiegelte Flächen unterscheiden, für die ein Faktor von 1,0 angeführt wird.

Des Weiteren soll § 11 Abs. 3 BauNVO um einen Zusatz ergänzt werden, demzufolge bei Lebensmitteleinzelhandelsbetrieben, deren Warenangebot im Wesentlichen Lebensmittel oder sonstige Waren zur Deckung des täglichen Bedarfs sind, bei einer Überschreitung der Geschossfläche nach Satz 3 ein wesentlicher Anhaltspunkt für das Nichtvorliegen von Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 besteht, wenn die Betriebe der verbrauchernahen Versorgung dienen. Hiermit wird dem Umstand gerecht, dass der Lebensmitteleinzelhandel mit Nahversorgungsfunktion inzwischen Flächenbedarfe hat, die über 1.200 m² Geschossfläche hinausgehen, ohne dass hiermit zwangsläufig negative Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche verbunden sind. Der Prüfaufwand zur Feststellung der städtebaulichen Atypik im Sinne des § 11 Absatz 3 Satz 4 BauNVO wird somit zukünftig in vielen Fällen reduziert werden können, insbesondere wenn die Überschreitung geringfügig ist. Im Referentenentwurf war die Überschreitung noch auf maximal 300 m² begrenzt gewesen, ohne das erkennbar war, wie diese Kenngröße hergeleitet worden ist. Auch, dass die im Referentenentwurf noch enthaltene Voraussetzung, dass die Überschreitung „allein der Erweiterung des Lebensmittelsortiments sowie der Vergrößerung der Gänge und des Kassenbereichs in den Verkaufsräumen dient“, weggefallen ist, ist zu begrüßen. Entsprechende Nachweise zu erbringen, wäre in einer Vielzahl von Vorhabenkonstellationen schwierig gewesen.

Bislang wurde in der BauNVO für den Vollgeschossbegriff auf Landesrecht verwiesen. Der Vollgeschossbegriff hat inzwischen jedoch jegliche Funktion im Bauordnungsrecht verloren, sodass die vorgesehene Regelung in § 20 BauNVO neu nachvollziehbar erscheint.

Dass nun gemäß §§ 16 Abs. 2 Nr. 6 und 20a BauNVO neu die Verkaufsflächenzahl bzw. die zulässige Verkaufsfläche Eingang in den Bebauungsplan finden kann, ist ebenso zu begrüßen. Bislang existiert für Festsetzungen der Verkaufsfläche zur Regelung des Maßes der baulichen Nutzung keine Rechtsgrundlage. In der Praxis hat sich zur Steuerung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben die Steuerung der Verkaufsfläche aber weithin etabliert.


Quelle:

Gesetz zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung. Gesetzgebungsverfahren (Online: https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/Webs/BMWSB/DE/novelle-baugb-2024.html, zuletzt abgerufen am 05.09.2024).