§ Kommentar
Ist ein nicht ortsfest genutztes Hausboot eine bauliche Anlage?
Zu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.07.2018 – 2 S 13.18 -.
19. Juli 2018
Das OVG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass es sich bei einem Hausboot als Sportboot nicht um eine bauliche Anlage handelt.
Der Liegeplatz des Hausbootes besteht an einem Steg im Ruppiner See. Von der unteren Bauaufsichtsbehörde war die Beseitigung des Hausbootes angeordnet worden, da es sich dabei um eine bauliche Anlage handele, die nicht genehmigt sei und nicht genehmigt werden könne. Der dagegen gerichtete Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben. Das OVG Berlin-Brandenburg hat dem Eilantrag nun allerdings stattgegeben und die erstinstanzliche Entscheidung geändert. Die Beseitigungsanordnung ist voraussichtlich rechtswidrig. Denn nach summarischer Prüfung handelt es sich bei dem Hausboot nicht um eine bauliche Anlage.
Das Verwaltungsgericht hatte zuvor ausgeführt, dass das Hausboot eine aus Bauprodukten hergestellte Anlage sei, die nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt sei, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Auch der durch ein eingereichtes Gutachten dargelegte Umfang der tatsächlichen Nutzung bestätigte den überwiegend ortsfesten Verwendungszweck. Es sei sinnvoll, die Anlage der Bauaufsicht zur Abwehr von Gefahren zu unterstellen.
Nach dieser Auffassung müsste allerdings nahezu auch jedes Sportboot als bauliche Anlage betrachtet werden. Selbst „klassische“ Yachten verweilen typischerweise längere Zeit an ihrem Liegeplatz und können zumindest vorübergehend auch für Übernachtungen genutzt werden, sie werden üblicherweise allerdings nur gelegentlich ihrem eigentlichen Verwendungszweck entsprechend als sich fortbewegendes Sport- oder Erholungsgerät genutzt. Zwar können Hausboote durchaus bauliche Anlagen im Sinne einer Bauordnung (hier: § 2 Abs. 1 BbgBO) sein. Sportboote verbleiben zwar regelmäßig längere Zeit an einem Ort, werden nur gelegentlich für Ausfahrten genutzt und sind auch für ein längeres Verweilen an Bord geeignet. Für die Feststellung einer überwiegend ortsfesten Verwendungsabsicht im Sinne der aufgeführten Regelung genügt jedoch weder der Vergleich der Liegezeit mit der Fahrzeit noch ein bloßer Hinweis auf die Größe und Ausstattung des Sportbootes. Ob eine bauliche Anlage oder ein Sportboot vorliegt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls der tatsächlichen Funktion der schwimmfähigen Anlage. Im vorliegenden Fall sei das Hausboot des Antragstellers nicht mehr als für ein Sportboot ohnehin üblich dazu bestimmt, überwiegend an einem Ort zu verbleiben und dort benutzt zu werden.
Die Begründung zur Entscheidung zeigt auf, dass die Frage, ob ein Hausboot eine bauliche Anlage ist, nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist. Aufgrund der häufig sehr individuellen Ausstattung und Nutzungsweise von Hausbooten ist eine solche Frage also grundsätzlich im Einzelfall zu klären. Das Gericht hat im vorliegenden Fall ausgeführt, dass die Merkmale des gegenständlichen Hausbootes „eher“ auf eine sportboottypische Verwendungsabsicht hindeuten und dies damit begründet, dass es weder über eine Küche noch über sanitäre Anlagen verfügt, dafür aber alle erforderlichen Voraussetzungen für eine Nutzung als Fortbewegungsmittel gegeben sind und es auch als Kleinfahrzeug zugelassen ist.
Entscheidung:
Zu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.07.2018 – 2 S 13.18 -, ECLI:DE:OVGBEBB:2018:0710.OVG2S13.18.00.